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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: 1 Bf 66/01
Rechtsgebiete: IHKG
Vorschriften:
IHKG § 2 Abs. 1 |
1 Bf 66/01
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr. Meffert und E.-O. Schulz am 5. Februar 2004 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. Februar 2001 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 153,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung eines Handelskammerbeitrags in Höhe von 153,00 EUR für das Jahr 2000.
Die Klägerin ist eine in Hamburg ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie ist als Komplementärin an der ...................... beteiligt. Geschäftsgegenstand der Klägerin war zunächst nicht allein die Geschäftsführung der ....................... Sie hatte sich vielmehr ausdrücklich vorbehalten, die Geschäftsführung von Handelsgeschäften generell zu übernehmen. Erst unter dem 4. Mai 2000, ins Handelsregister eingetragen am 7. Juli 2000, änderte die Klägerin ihren Gesellschaftsvertrag dahin, dass Gegenstand ihres Unternehmens (nur noch) die Beteiligung als persönlich haftende Gesellschafterin an der ...................... ist.
Mit Bescheid vom 20. April 2000 zog die Beklagte die Klägerin zu einem Handelskammerbeitrag in Höhe von 153,00 EUR (Grundbeitrag) für das Jahr 2000 heran.
Die Klägerin hat nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage erhoben. Sie hat auf die inzwischen erfolgte Änderung ihres Geschäftszwecks hingewiesen und weiter geltend gemacht: Durch die Erhebung des Handelskammerbeitrags entstehe eine doppelte Zahlungspflicht, da die ...................... ebenfalls zur Zahlung eines Handelskammerbeitrags herangezogen werde. Folge man dieser Auffassung, dann könne eine Kommanditgesellschaft die doppelte Zahlungspflicht für den Handelskammerbeitrag nur vermeiden, wenn als persönlich haftendende Gesellschafterin eine natürliche Person auftrete. Dies verstoße gegen Art. 9 und Art. 12 GG, wonach jeder das Recht habe, selbst bestimmt die passende Unternehmensform zu wählen. Außerdem verkenne die Beklagte die rechtliche Besonderheit der ....................... Es handele sich nicht um eine "normale" GmbH und Co. KG, sondern um eine sogenannte Einheitsgesellschaft. Sie, die Klägerin, sei ohne Einlage als Komplementärin an der ...................... beteiligt, die ihrerseits alleinige Gesellschafterin der Klägerin sei. Formal existierten zwar zwei Gesellschaften. Diese seien aber so miteinander verflochten, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung nur von einem einzigen Unternehmen ausgegangen werden könne. Die Praxis der Beklagten führe dazu, dass ein bei wirtschaftlicher Betrachtung einheitliches Unternehmen doppelt zu Beiträgen herangezogen werde, ohne dass dem eine entsprechende Leistung der Beklagten gegenüberstehe.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beitragserhebung finde ihre Grundlage in § 1 der Beitragsordnung der Beklagten vom 18. Dezember 1998 (Amtlicher Anzeiger S. 3473) i. V. m. § 3 Abs. 2 Satz 1 und § 2 Abs. 1 IHKG. Insbesondere sei die Klägerin Kammerzugehörige im Sinne von § 1 Abs. 1 der Beitragsordnung i.V.m. mit § 2 Abs. 1 IHKG. Die Klägerin habe ihren Sitz in Hamburg. Sie sei als GmbH eine juristische Person des Privatrechts und gleichzeitig eine Handelsgesellschaft gemäß § 13 Abs. 1 und Abs. 3 GmbHG. Sie werde im Sinne von § 2 Abs. 1 IHKG zur Gewerbesteuer veranlagt. Die maßgebliche objektive Gewerbesteuerpflicht der Klägerin folge aus § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG. Darüber hinaus betreibe die Klägerin auch ein gewerbliches Unternehmen. Dies sei unzweifelhaft für die Zeit bis zur Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 4. Mai 2000, gelte aber auch für die Zeit danach. Die besondere gesellschaftsrechtliche Konstruktion der ...................... als sogenannte Einheitsgesellschaft berühre die Kammerzugehörigkeit nicht. Zwar sei die Kommanditgesellschaft durch die Alleinbeteiligung an ihrer Komplementärin formal einer einheitlichen Gesellschaft angenähert. Maßgeblich sei jedoch, dass das bei der GmbH und Co. KG traditionell vorherrschende Trennungsdenken auch im Rahmen einer Einheitsgesellschaft vom Vorhandensein zweier Gesellschaften ausgehe, möge auch der Trennungsgedanke faktisch fast einer Fiktion gleichkommen. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liege nicht vor. Auch fehle es nicht an der für die Erhebung eines Beitrags erforderlichen Gegenleistung; insoweit reiche die (abstrakte) Möglichkeit der Inanspruchnahme aus.
Hiergegen erstrebt die Klägerin die Zulassung der Berufung.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.
1. Die Klägerin macht in erster Linie geltend, die für die Erhebung eines Beitrags ausreichende abstrakte Möglichkeit der Inanspruchnahme von Leistungen müsse sich noch im Bereich des Realen bewegen. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Wenn bei einer Einheitsgesellschaft die Annahme zweier getrennter Gesellschaften faktisch eine Fiktion sei, real also von einer einheitlichen Gesellschaft auszugehen sei, dann bestehe auch nicht mehr abstrakt die reale Möglichkeit der Inanspruchnahme der Leistungen der Beklagten durch die Komplementärin und die Kommanditgesellschaft.
Der Senat vermag den Überlegungen der Klägerin nicht zu folgen.
Wie das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 21.7.1998 - 1 C 32.97 = BVerwGE Bd. 107 S 169 ff., 176) entschieden hat, ist der von den Industrie- und Handelskammern erhobene Beitrag eine Gegenleistung für den Vorteil, den das Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit zieht. Dieser Vorteil besteht insbesondere darin, dass die Kammer ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllt. Diese Aufgabenerfüllung kommt vorzugsweise den in der Wirtschaft Selbständigtätigen, also den Kammermitgliedern zugute, deren Gesamtbelange die Kammer zu wahren und zu fördern hat. Dafür ist nicht erforderlich, dass sich der Nutzen dieser Tätigkeit bei dem einzelnen Mitglied in einem unmittelbaren wirtschaftlichen (finanziellen) Vorteil messbar niederschlägt (BVerwG, a.a.O.). Speziell für den - im vorliegenden Verfahren allein umstrittenen - Grundbeitrag gilt, dass er seine Rechtfertigung in dem allen Kammerzugehörigen zukommenden Vorteil findet, der in der Kammervertretung als solcher besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.3.2000 - 1 C 15.99 = Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 29).
Dieser die Erhebung des Grundbeitrags rechtfertigende Vorteil hat in dem hier interessierenden Jahr 2000 nicht nur für die ......................, sondern auch für die von der Kommanditgesellschaft rechtlich getrennte Klägerin bestanden. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich bei der Klägerin und der ...................... um eine sogenannte Einheitsgesellschaft, d.h. um eine solche GmbH und Co. KG handelt, bei der die Kommanditgesellschaft Alleingesellschafterin ihrer Komplementär- GmbH ist. Dabei bedarf es keiner generellen Erörterung der mit der Rechtskonstruktion der sog. Einheitsgesellschaft verbundenen Fragen. Im vorliegenden Verfahren geht es allein um den Grundbeitrag für das Jahr 2000. In jenem Jahr hatte der Gegenstand des Unternehmens der Klägerin bis zur Änderung des Gesellschaftszweckes durch den Gesellschaftsvertrag vom 4. Mai 2000, ins Handelsregister eingetragen am 7. Juli 2000, keineswegs ausschließlich in der Beteiligung der Klägerin als persönlich haftende Gesellschafterin an der ...................... bestanden. Vielmehr hatte sich die Klägerin ausdrücklich vorbehalten, die Geschäftsführung von Handelsgesellschaften generell zu übernehmen. Dies rechtfertigt die Erhebung des Grundbeitrags, der als Jahresbeitrag erhoben wird und auch dann in voller Höhe zu entrichten ist, wenn der gewerbliche Betrieb oder seine Betriebsstätten nicht im ganzen Erhebungszeitraum oder nur mit einem Betriebsteil beitragspflichtig sind (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Beitragsordnung).
2. Die Klägerin wendet ein, die beitragsrechtlich unterschiedliche Behandlung einer Kommanditgesellschaft mit einer natürlichen Person als Komplementärin und einer Kommanditgesellschaft mit einer juristischen Person als Komplementärin und die damit verbundene unterschiedliche Beitragsbelastung beschränke das Recht ihrer Gesellschafter, unbeeinflusst von äußeren Zwängen, die für sie passende Unternehmensform zu wählen; hierdurch würden die Grundrechte der Klägerin bzw. ihrer Gesellschafter aus Art. 2, 9 und 12 GG verletzt.
Der Einwand der Klägerin trifft nicht. Die Klägerin und die ...................... bzw. ihre Gesellschafter waren nicht gezwungen, für ihr Unternehmen die Rechtsform zu wählen, die sie ihr schließlich gegeben haben. Wenn sie sich für eine Kommanditgesellschaft mit einer GmbH statt einer natürlichen Person als Komplementärin entschieden haben, so haben sie dies ersichtlich wegen der damit verbundenen - in der Regel haftungsrechtlichen und/oder steuerrechtlichen - Vorteile getan und müssen deshalb auch die mit der gewählten Rechtsform verbundenen beitragsrechtlichen Folgen tragen; ein Verstoß gegen die von der Klägerin genannten Art. 2, 9 und 12 GG liegt darin nicht.
3. Die Klägerin trägt vor, zu Mitgliedsbeiträgen bei Industrie- und Handelskammern könnten nur Personen und Personengruppen herangezogen werden, die im Bezirk der Kammer eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebstätte oder eine Verkaufstätte unterhielten. Diese Voraussetzung lägen bei einer ausländischen GmbH, die diese Kriterien nur im Ausland verwirkliche, nicht vor. Gleichwohl könne eine solche ausländische Kapitalgesellschaft Komplementärin einer inländischen Kommanditgesellschaft sein. Wenn aber nur inländische Kapitalgesellschaften, nicht aber ausländische Kapitalgesellschaften, als Komplementärin einer inländischen Kommanditgesellschaft neben dieser der Zwangsmitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer unterlägen, liege eine Verletzung des Gleichheitssatzes vor.
Die Überlegungen der Klägerin überzeugen nicht. Ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 IHKG gilt für inländische und ausländische Komplementärgesellschaften einer inländischen Kommanditgesellschaft in gleicher Weise: In beiden Fällen sind die Komplementärgesellschaften nur dann Kammerzugehörige, wenn die in § 2 Abs. 1 IHKG im Einzelnen genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Die Anknüpfung der Kammerzugehörigkeit u.a. daran, dass im Kammerbezirk eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufstelle unterhalten wird, ist sachgerecht.
4. Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2003 hat die Klägerin schließlich geltend gemacht, das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss vom 7. Dezember 2001 (1 BvR 1806/98 = GewArch. 2002 S. 111) ausgeführt, es sei nach dem Gebot der Erforderlichkeit zu beachten, dass die mit der Pflichtmitgliedschaft verknüpfte Beitragslast nur gerechtfertigt sei, wenn die Mitglieder der Kammer angemessen an der Kostenlast der Kammer beteiligt würden. Die unterschiedliche Behandlung einer Kommanditgesellschaft nur unter dem Gesichtspunkt, ob ihr Komplementär eine natürliche oder juristische Person sei, sei im Hinblick auf die Interessenswahrnehmung der Mitglieder durch die Handelskammer nicht angemessen.
Auch diese Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Dieses Vorbringen kann nicht mehr berücksichtigt werden, weil es weit nach Ablauf der hier geltenden Antragsfrist des § 124 a Abs. 1 VwGO in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung (1 Monat nach Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils am 16.2.2001) eingegangen ist. Im Übrigen überzeugt das Vorbringen auch in der Sache nicht. Dies gilt schon deshalb, weil es im vorliegenden Verfahren allein um den Grundbeitrag für das Jahr 2000 geht und die Klägerin erst im Laufe jenes Jahres ihren Geschäftsgegenstand auf die Beteiligung als persönlich haftende Gesellschafterin an der ...................... beschränkt hat.
III.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 13 Abs. 2, 14 Abs. 3 GKG.
Ende der Entscheidung
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